Die vier edlen Wahrheiten

IMG_2615„Ich würde gerne irgend etwas anbieten, um Dir zu helfen, aber im Zen haben wir überhaupt nichts.“                      

Zen-Meister Ikkyū Sōjun (一休宗純)-aus einem Koan

 

 

 

  • Erste edle Wahrheit: Das Leben besteht aus Leiden

Siddharta Gautama erkannte als erstes, dass alles was das Leben der Menschen vergiftete, das Leid war.

Leid entsteht in vielerlei Hinsicht. Manchmal hat es ganz banale und manchmal schlimmere Ursachen. Mit Leid ist nicht der Schmerz einer Verletzung oder eine Krankheit gemeint. Schmerz lässt sich nicht verhindern, er gehört zum Leben dazu. Leid dagegen hat seine Ursache manchmal im Schmerz.

Wenn man zum Beispiel vom geliebten Partner verlassen wird, löst das grossen seelischen Schmerz aus. Leid entsteht aber erst später, wenn das Gefühl der Einsamkeit kommt. Wenn man auch nach langer Zeit keinen neuen Partner in seinem Leben zulassen kann. Das erzeugt Leid.

Aber auch banale Ursachen gibt es viele. Wenn man etwas Neues kauft und davon erwartet das es einen glücklich macht. Doch nach einer Weile wird die Benutzung des neuen Gegenstandes normal. Es macht nicht mehr glücklich und hinterlässt eine Leere, die man sofort mit etwas Neuem füllen muss.

Oder man vermisst im Leben etwas Besonderes und jagt ein Leben lang danach ohne es zu finden. Dann ist man unzufrieden und leidet. Es muss nicht immer eine Katastrophe sein. Die vielen kleinen Dinge lassen uns mehr leiden als eine grosse Sache.

 

  • Zweite edle Wahrheit: Wie Leiden entsteht

Leiden entsteht aus „haben wollen“. Ständig wollen wir etwas haben. Wir wollen einen besseren Job, einen attraktiveren Partner, ein grösseres Auto… Die Liste ist bei den meisten endlos. Sie reicht von trivialen Dingen bis zu existenziellen Wünschen. Wenn wir einen Punkt aus der Liste realisiert haben, hetzen wir sofort zum nächsten. Nur haben wollen, das ist für viele der Sinn des Lebens.

Buddha nennt dieses Verhalten „Anhaften“. Wir haften gierig an unseren Wünschen. An der endlosen Liste unserer Wünsche. Und selbst wenn wir uns alle erfüllen könnten, würde uns das nicht glücklich machen. Weil sofort neue Wünsche auftauchen würden.

Die Gier kann man nicht stillen, und sie ist unerschöpflich. Diese Gier macht uns unglücklich und lässt uns leiden. Weil das Anhaften nach aussen gerichtet ist und uns nicht glücklich machen kann.

 

  • Dritte edle Wahrheit: Leiden lässt sich beenden

Es gibt eine gute Neuigkeit: unser Leiden kann beendet werden.

Wir müssen nur in unseren natürlichen Zustand im Jetzt und Hier zurückkehren. In diesem Zustand waren wir schon einmal, nämlich als Baby. Ein Baby lebt ständig im Jetzt und Hier. Wenn ein Baby müde ist, wird es schlafen. Wenn es hungrig ist, wird es essen. Alles was es braucht ist um es herum – seine Mutter. Es sorgt sich nicht um Morgen. Es denkt nicht an gestern. Es ist jetzt.

Wir sind genau das nicht. Wir denken an gestern. Hätten wir dieses oder jenes gemacht, wäre heute das oder das. Was erwartet uns morgen ? Haben wir morgen noch unseren Job ? Werden wir morgen krank sein ? Die Liste ist endlos und sinnlos.

Gestern können wir nicht mehr ändern und morgen ist noch Zukunft, die wir nicht vorhersagen können. Nur das Jetzt und Hier ist wichtig. Nur hier können wir etwas tun. Wenn wir jetzt unser Bestes geben, müssen wir morgen nicht darüber nachdenken, ob wir es nicht besser hätten machen können. Die Zukunft entzieht sich vollkommen unserer Kontrolle. Da gibt es so viele Faktoren, die wir nicht kennen oder beeinflussen können. Das nachdenken darüber ist müßig und rein fiktiv, und daher völlig nutzlos.

 

  • Vierte Edle Wahrheit: Der Weg, das Leiden zu beenden

Der Weg zum beenden des Leides stellt die Basis des buddhistischen Glaubens dar. Gleichzeitig stellt er aber auch die Grundlage eines Lebens in sozialen Gefügen dar.

Darin unterscheidet er sich wenig von christlichen Vorstellungen in dieser Beziehung. Die Christen haben ihre zehn Gebote, die Buddhisten ihren achtfachen Pfad. Der achtfache Pfad zeigt aber auch gleichzeitig den Weg aus einem von Leid geprägten Leben. Dabei darf man aber nicht den Fehler machen, zu denken die buddhistische Lehre wäre depressiv oder dergleichen. Mit Leid sind hier vorrangig Lebens-und Denkweisen gemeint, die uns hindern jederzeit glücklich und harmonisch zu leben. Schmerz und Leid gehören zu jedem Leben dazu, genau wie Zufriedenheit und Glück.

Man kann aber die Unzufriedenheit und Leere, die jeden Suchenden prägt, in ein glückliches und erfülltes Dasein wandeln. Dazu gibt der achtfache Pfad die Anleitung für ein entsprechendes Verhalten. Dazu ist kein asketisches Mönchsleben nötig. Der achtfache Pfad spiegelt alle nötigen Verhaltensregeln wieder, die jeder, der in menschlicher Gesellschaft lebt, eigentlich sowieso einhalten sollte. Damit vermeidet man Fehler, die Leid bei anderen und bei sich selbst auslöst. Den achtfachen Pfad erläutere ich ausgiebig im entsprechenden Artikel.

 

Zum Thema weiterlesen:

https://steffen-grimmling.de/zen/der-achtfache-pfad/

https://steffen-grimmling.de/achtsamkeitsmeditation/

 

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