Bei der Meditation geht es im Großen und Ganzen darum einen Zustand der Harmonie zwischen Körper und Geist herzustellen, die endlose Litanei der Gedanken zu beenden und Ruhe in sich selbst zu finden. Ein wesentlicher Teil besteht also in der Kontrolle der Gedanken. Um dieses zu meistern gibt es viele unterschiedliche Techniken. Die meisten Meditationsarten versuchen mittels spezieller Methoden den Strom der Gedanken einzudämmen und bestenfalls zum Erliegen zu bringen. Das Hirn ist aber nun mal zum Denken da, so wie das Herz zum schlagen gemacht ist. Im Zen hingegen versucht man erst gar nicht die Gedanken zu zähmen. Man beobachtet sie nur und lässt sie ziehen. Doch schon das beobachten und erkennen von Gedanken, Bildern und Gefühlen ist in der Meditation manchmal schwer. Dafür ist eine Menge Kraft und Konzentration notwendig. Manchmal schleichen sich Gedankenfetzen, Bilder und Gefühle heimlich und versteckt an. Man bemerkt sie nicht, weil sie sich im Hintergrundrauschen unseres Hirns leise ausbreiten.
An dieser Stelle setzt Muse an. Das smarte Kopfband überwacht unsere (manchmal heimlichen) Hirnaktivitäten bei der Meditation und warnt uns rechtzeitig, ehe die Konzentration gestört wird.
Wie funktioniert das nun?
Muse und Muse 2 nutzen dafür mehrere Sensoren, die unsere Hirnströme überwachen und in Echtzeit jede Ablenkung, Gedanken und Hintergrundaktivität unseres Hirns in Form von Geräuschen an uns weitermelden.
Die Sensorbänder stellen nichts anderes als ein EEG dar, das mittels einer App die gemeldeten Hirnwellen des über Bluetooth gekoppelten Kopfbandes interpretieren und in verschiedene Bereiche (Delta, Theta, Alpha, Beta, Gamma) zuordnet. So erkennt die App ob wir aktiv (Gamma, Beta), relaxed (Alpha) oder in tiefer Entspannung und Meditation (Theta, Delta) sind. Dabei wird vor jedem Start eine Kalibrierung vorgenommen, um die jeweilige „Grundstimmung“ des Hirns festzustellen.
Wie läuft die Meditation mit Muse genau ab?
Als erstes schaltet man Muse ein und setzt das Kopfband auf. Die App zeigt genau Schritt für Schritt auf was man achten muss. Muse verbindet sich mit der App und führt Verbindungstest und Kalibrierung durch.
Als nächstes findet eine Art kurze Einführung in die Meditationspraxis statt. In zehn Sessions stellt die App verschiedene Techniken vor und übt kleine Aufgaben mit dem Nutzer zusammen. Das ist sehr nett und sympathisch umgesetzt. Meditationsanfänger bekommen so eine kleine Übersicht, auf wass man achten sollte. Körperhaltung, Sitzposition, Umfeld, Anfangsschwierigkeiten und Techniken werden kurz besprochen und ausprobiert. Die (weibliche) Stimme ist dabei sehr angenehm und sympathisch.
Muse wandelt Gedankenaktivität in Geräusche um. Es gibt fünf Geräuschkulissen in der App. Regenwald, Wüste, Meer, Stadtpark und Umgebungsmusik. Diese stellen die Hintergrundkulisse dar und sind allesamt qualitativ sehr gut. Hier entscheidet allein der Geschmack des Nutzers. Ich komme am Besten mit „Umgebungsmusik“ klar. Es ist eine reine synthetische und wellenartige Ambientmusik.
Auf die Geräuschkulisse wird dann, je nach Aktivität, eine Wetterszenario gelegt. Je aktiver die Gedanken sind, desto lauter, unruhiger und stürmischer wird es. Bei der „Umgebungsmusik“ wird keine Wetteranimation dazugemixt, sondern in die ruhigen und harmonischen Wellen gesellen sich statt Stürmen unharmonische Kakophonien.
Die Klänge sollte man unbedingt mit Kopfhörern genießen, da sie sehr räumlich und qualitativ hervorragend sind. Ich selbst nutze Apple Airpods dazu. Ich habe schon andere Bluetooth- Inear- Kopfhörer getestet, nicht alle funktionierten gut mit Muse. Es gab auch Fälle, bei denen die Kopfhörer die Sensoren von Muse störten und zu Verbindungsabbrüchen führten. Hier muss man einfach probieren. Airpods (Bluetooth), Bose QuiteComfort 35 (Bluetooth) und kabelgebundene Earpods (Apple) funktionierten problemlos.
Wenn man seine Aktivität eine gewisse Zeit im meditativen Bereich halten konnte, beginnen Vögel zu zwitschern. Sie stellen kleine Belohnungen der Achtsamkeit dar.
Die Geschwindigkeit der Messung und Umsetzung in Töne ist beeindruckend. Die Latenz zwischen Gedanken und Tonumsetzung beträgt etwa 1- 2 Sekunden. Man bekommt also ein reales Echzeitfeedback seiner Gedankenwelt.
Bei meinen ersten Sitzungen war es irre: ich konnte meine Gedanken erfolgreich zur Ruhe bringen. Die Stürme ließen nach und wurden leiser. Nach einer Weile kam sogar der Hintergrund zur Ruhe und folgte nur noch langen , harmonischen Wellen. Plötzlich piepste ein Vogel. Ein einziges, kurzes, gedankliches „Ahh“ meinerseits löste sofort heftigen Sturm und Donner aus. Unglaublich, wie genau und sensibel die Rückmeldung funktioniert!
Wichtig ist hierbei, die Geräusche passend einzustellen. Jedes einzelne Detail lässt sich in der App genau regeln. Ich habe das Feedback, die Vögel und Stimme weit heruntergeregelt. So wird man nicht gleich bei heftigen Gedankensaltos vom Unwetter „erschlagen“ und kommt so noch weiter aus der Konzentration. Das muss jeder für sich entscheiden und nach persönlichem Geschmack einstellen.
Muse bietet zum reinen Neurofeedback noch weitere Möglichkeiten zur Meditationsunterstützung. Es werden Möglichkeiten der Herzmeditation (mit Pulsmessung), Atemmeditation (mit Atemüberwachung), Körpermeditation (mit Bewegungsüberwachung) angeboten und mit speziellen Hintergrundklängen unterstützt. Demnächst sollen auch geführte Meditationen und komplette Kurse auf Abo-Basis angeboten werden.
Nach abgeschlossener Meditationssession kann man, tagebuchähnlich, seine Gedanken zur Sitzung eingeben und bekommt abschließend eine Auswertung. In der Übersicht sieht man seine täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Sitzungszeiten und wieviel davon in tiefer Versenkung verbracht wurde. Fortschritte sind so leicht zu erkennen.
Wer braucht das?
Muse richtet sich in erster Linie an Meditationsanfänger, die sich über das Neurofeedback coachen lassen möchten. Ich muss aber gestehen das auch ich, mit vielen Jahren Meditationspraxis, sehr positiv überrascht war. Auch fortgeschrittenen Meditationspraktikern eröffnet Muse ein unglaubliches Potential. Mir war überhaupt nicht bewusst, wieviel Aktivität trotz tiefer Entspannung tatsächlich noch vorhanden war. Muse erkennt tatsächlich Aktivität, bevor Gedanken, Bilder oder Gefühle wirklich den „Ereignishorizont“ des Erkennens überschreiten. Man lernt tatsächlich, für Ruhe zu sorgen und noch tiefer abzuschalten.
Der Lerneeffekt geht sogar über die Meditation weit hinaus. Er setzt sich tatsäch im realem Leben fort und führt zu tiefgreifenden Veränderung in Reflektion der Umwelt gegenüber. Die Selbstreflektion und Achtsamkeit wird tatsächlich stärker geschult und vertieft. Selbst bei mir, der ich eine feste Meditationspraxis und Übung vorweisen kann, sind diese Veränderungen feststellbar.
Mein Fazit
Ich bin begeistert. Muse 2 hat mich echt überrascht. Meine Erwartungen an das Gerät und die App wurden bei weitem übertroffen. Eine solche Sensibilität der Technik hatte ich nicht erwartet. Muse 2 macht was es soll und ist überzeugend gut darin. Anfänger und selbst Profis können einen hohen Lerneffekt erwarten. Das Gerät selbst wirkt fragil aber hochwertig. Es ist sehr leicht und kaum zu spüren. Ein Hardcase ist extra zu erwerben, aber wirklich ratsam. Hier ist auch eine Netztasche für Ladekabel etc. eingearbeitet.
Wer mehr über Muse wissen will, kann sich über die Website https://choosemuse.com/de/ gerne informieren. Ein finanzieller Vorteil entsteht dabei für mich nicht.
Noch eine Anmerkung zum Schluss:
Muse 2 habe ich mir privat gekauft. Das Gerät ist nicht gesponsert. Meine Eindrücke sind daher unverfälscht und ohne Sponsorendruck und finanziellen Vorteil meinerseits entstanden.
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